Reisetagebuch: Jordanien
Ein großartiger Urlaub liegt hinter mir. Nachdem wir mit einem rauschenden Fest das Ende unseres ersten Semesters und den traurigen Abschied von unserem lieben Kommilitonen, Freund und Gute-Laune-Garant Hagob begangen hatten, machten Elly, Natty und Olli – kurz Natoly sich auf den Weg nach Jordanien.
In Amman angekommen, goss es zunächst erst einmal wie aus Kübeln, sodass wir die Stadt an diesem Tage während eines ausgiebigen Spaziergangs durch die überfluteten Straßen nicht so richtig zu schätzen lernten. Das ranzige Hostel trug zum allgemeinen (Unwohl-) Befinden bei und so entschieden wir uns gleich am nächsten Tag ein Auto zu mieten und den Weg in den Süden Jordaniens anzutreten. Der erste Stop auf dem King‘s-Highway waren der Mount Nebo und die angrenzende Stadt Madaba. Leider hatte sich das Wetter bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig von seiner schlechten Laune erholt, sodass uns der Blick vorenthalten blieb, den einst Moses auf das verheißene Land warf, in dem Milch und Honig fließt.
In Madaba besichtigten wir vor allem die St. John the Baptist Church, in der der Kopf desselbigen aufbewahrt worden sein soll und die St. George Church, in der man ein Bodenmosaik finden kann, dass eine der ältesten Landkarten Palästinas aus dem Jahre 560 n.Chr. zeigt. Von der ortsansässigen Moschee konnten wir leider nur den unspektakulären Gebetsraum für Frauen im Keller besuchen.
Unser Roadtrip über den King‘s-Highway führte uns sodann durch wunderschöne Wüstentäler bis nach Karak, wo wir am nächsten Tag eine alte Kreuzritterburg zu besichtigen gedachten. Gleich neben unserem Hostel nahmen wir ein wunderbares Jordanisches Abendessen zu uns.
Leider goss es am nächsten Tage wieder so sehr, dass wir uns entschieden die Burg zu überspringen und direkt ins Wadi (deutsch=Tal) Rum weiter zufahren. Über Kings- und Desert-Highway gelangten wir schließlich zum Visitorcenter im Wadi Rum, wo uns eine Nacht im Rahayeb Camp und eine 8stündige Wüstentour abwechselnd mit dem Jeep und per pedes nahegelegt wurde. Die Nacht in diesem authentischen Beduinencamp war sicherlich eines, wenn nicht das Highlight unserer gesamten Reise. Im Gemeinschaftszelt wurden wir zunächst mit süßem Beduinentee, Shisha und schließlich mit einem fulminaten Abendmahl verwöhnt bis wir schließlich in unser privates Schlafzelt mit eigenem Bad, warmen Wasser, richtigen Betten und Kerzenschein geführt wurden. Zwar kann so eine Wüstennacht im Winter enorm kalt werden, doch dank der Deckenberge und den gut abgedichteten Zeltwänden, verbrachten wir unsere wohl komfortabelste Nacht in dieser Wüstenunterkunft. Am nächsten Morgen brachen wir vom Beduinenfrühstück gestärkt mit dem Jeep in die Wüste auf und verbrachten dort 8h mit Jeep-Touring, wandern und Mittagsrast bei süßem Tee und belebender Shisha.
Nach diesem beeindruckenden Wüstenerlebnis und wieder einmal einer kleinen Reifenpanne, aus der uns aber ein sehr netter Beduinenguide zu retten wusste, führte uns der King’s Highway nach Petra bzw. ins Wadi Musa, wo wir im Cleopetra Hotel gebettet und mit sehr gutem und günstigen jordanischem Buffet verwöhnt wurden. Den ganzen nächsten Tag verbrachten wir in Petra selbst. Der knackige Eintrittspreis von 50 JD (= 50€) (Jordanier bezahlen allerdings nur 1 JD = 1€) brachte uns dazu den Tag voll auszukosten und auch größere Wanderungen zu einem ominösen „Snakemonument“, zu dessen Ortung niemand so richtig im Stande war und dem abgelegenen Kloster zu machen. Die überall in den weichen Sandstein eingearbeiteten Fassaden und Bauten aus Nabatearzeit waren wirklich beeindruckend (200 v.Chr-200 n. Chr.) – dennoch schade, dass ein solcher Preis selbst von Studenten verlangt und nicht einmal sichtbar umgesetzt und investiert wird (z.B.in die Erhaltung der Ruinen, in eine zweckmäßige Ausschilderung oder in Mülleimer).
Nach einer weiteren Übernachtung in Cleopetra ging es für uns weiter nach Feynan, wo wir eine Nacht in einer Eco-Lodge, mitten in einem Natur Reservat gelegen, gebucht hatten. Der Weg dorthin war dank wieder einmal äußerst unzureichender Ausschilderung etwas beschwerlich, aber mit ca. 3 1/2h zusätzlicher Fahrtzeit kamen wir noch einigermaßen pünktlich zum Sunset-Hike an und konnten in der Umgebung von einer wieder vollkommen anderen Vegetation die Jordanische Sonne beim Untergang beobachten. Die Eco-Lodge selber wird nur durch Solarenergie versorgt und ist in Dunkelheit zum großen Teil auf Kerzenlicht angewiesen, was die Nacht hier unglaublich gemütlich machte. Die Lodge wird von der Royal Society for the Conservation of Nature unterhalten und steht im engen Zusammenspiel mit der dortigen Beduinenbevölkerung. Die Zutaten für unser Abendessen und Frühstück wurden zum großen Teil aus Eigenanbau bezogen und wirklich mit Abstand zum besten Essen verarbeitet, was wir während unseres ganzen Jordanienaufenthaltes serviert bekamen. Abends konnte man noch Sterne beobachten und sich bei Kaminfeuer mit den anderen Besuchern über Reisen und (Lebens-) Projekte unterhalten. Am nächsten Tag wanderten wir noch einmal ein wenig durch das angrenzende Dana Nature Reserve und schlugen dann unseren Rückweg in den Norden über den Dead Sea Highway ein.
Das Tote Meer selbst sahen wir lediglich vom Auto aus. Da Natalia und Ich ohnehin schon mal von der anderen Seite hinein gehüpft waren, erschien uns das völlig ausreichend. Die Taufstelle Jesu in Bethanien war dann leider schon geschlossen (obwohl nach offiziellen Angaben noch mehr als 2h bis „Ladenschluss“ verblieben). Die Masse an „Jesustouristen“, die Jordanien und Israel jährlich bevölkert, ist wie uns schien oft Auslöser für horrende Eintrittspreise an den jeweiligen Sehenswürdigkeiten. Die Bereitschaft solche Summen zu zahlen kann dann wirklich nur noch mit einem großen Berg Jesusfrömmigkeit aufgebracht werden.
Auf der Überholspur, vorbei an unzähligen Tomatenlastern, bahnten wir uns schließlich den Weg zurück nach Amman. Hier verbrachten wir wohl die schlimmste Nacht des Urlaubs im Cliff-Hotel. Der Preis war heiß, das Zimmer aber leider ungläubig versifft und man spürte förmlich wie sich der Schimmel seinen Weg durch die Atemkanäle bahnte. Nachdem wir uns für die nächsten 4 Nächte in Amman ein anderes Hotel ausfindig gemacht hatten, fuhren wir dann am nächsten Tag in Richtung Nord-Osten, um uns dort vier Wüstenschlösser anzuschauen. Alles in allem nicht sonderlich spektakulär, wieder einmal kaum ausgeschildert und nur auf schlechten Straßen zu erreichen. In Sachen Tourismus kann noch einiges getan werden...
Der nächste Tag war für Amman selbst reserviert. Wir besuchten die Zitadelle mit schönem und aufschlussreichen Blick über Amman (es ist gar nicht mal so leicht in dieser hügeligen Stadt die Orientierung zu finden), sahen das Theater von Ferne, spazierten über die Souqs, betrachteten die Al-Husseiny Mosque leider nur von außen und tranken Kaffee im West-Viertel Shmeisani.
Für den nächsten Tag war ein Trip in den Nordwesten Jordaniens, nach Gadara (Um Qais), Ajloun und Jerash, geplant. In Gadara, wo Jesus einst (zumindest nach der Matthäusversion) Dämonen in Schweine fahren lies, die sogleich ins Wasser rannten (vermutlich in den nahegelegenen See Genezareth, der bei gutem Wetter von hier zu sehen ist), schauten wir uns eine alte Ruinenstadt, hauptsächlich in Römerzeit errichten, an. Dieser Teil Jordaniens beeindruckte vor allem wegen seiner wieder einmal völlig anderen Vegetation. Das Landschaftsbild ist von großen Grün- und Ackerbauflächen bestimmt und insgesamt scheint die Bevölkerung hier aufgrund ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse recht wohlhabend zu sein. Besonders bedauernswert ist allerdings das Müllproblem dieser Region. Eine richtige Entsorgung scheint es nicht zu geben und so wird der Müll von den Straßen und Ortschaften vom Wind auf die Felder getragen. In Ajloun war das Qala’at ar-Rabad, ein Schloss aus der Zeit Saladins, Hauptattraktion. Leider fehlten wie so oft jegliche Erklärungen und Ausschilderungen, sodass man nicht wirklich viele Informationen außer der bloßen Ansicht des Schlosses mitnehmen konnte. Die letzte Haltestelle dieser Tagestour war Jerash (Gerasa). Neben Gadara zählte auch Jerash zu den einstigen Dekapolis-Städten des römischen Imperiums. Ihre heutige Gestalt legt in eindrücklicher Weise Zeugnis über ihre römischen Ursprünge ab: Eine große, von riesigen Kolonaden gesäumte Handelsstraße (Cardo Maximus), ein römisches Theater, Bäder, Gräber und Basiliken aus etwas späterer Zeit fanden sich in beiden Ruinenstädten. Jerash beeindruckte zusätzlich mit Nymphäen, Tempeln, einem riesigen Hippodrom, mächtigen Stadttoren, und einer Agora. Es war schon eine besondere Atmosphäre als wir beim lauten Ruf des benachbarten Muezzins auf der Schwelle des Zeustempels saßen und den Blick über die Agora und den Cardo Maximus schweifen ließen.
Zurück in Amman verbrachten wir den Abend in unserer Lieblingsstraße (Rainbowstreet). Hier reihen sich viele kleine Cafés, Buchläden und Restaurants aneinander und man fühlt sich zumindest ein wenig von den aufdringlichen Männerblicken geschützt, die einen in Downtown verfolgen – fast als wäre man ein außergewöhnliches Tier. Der Falafel von Al-Quds und die Cocktail-Happy-Hour in einer der lokalen Bars bescherten uns einen schönen Abend und ließ uns unseren Reiserhythmus zumindest ein wenig durchbrechen (wir gingen erst um halb 12 statt um halb 8 ins Bett!!).
Den nächsten Tag wollten wir noch einmal für Amman, insbesondere die King Abdullah Moschee und deren benachbarte griechisch-orthodoxe und koptische Kirche nutzen. Vorbei ein unzähligen „Welcomes“, „How are yous“ und stierenden Blicken gelangten wir zur prächtigen Moschee, die 1989 im Auftrag von King Hussein als Gedenkstädte für seinen Großvater fertiggestellt wurde. Die täglichen Gebete werden hier ganz normal vollzogen, aber zugleich hat die Moschee einen stark touristischen Anspruch. Sie ist das einzige islamische Gotteshaus in Amman, das nicht-muslimische Besucher offen (gegen Eintrittspreis) empfängt, ein Museum unterhält, ein Bekehrungspamphlet bereitstellt und eine Souvenirpassage bietet. Die griechisch-orthodoxe Kirche wurde leider gerade restauriert und die gegenüberliegende Koptische Kirche hielt ihre Kirchenpforten für uns verschlossen. Ein ausgedehnter Spaziergang an diesem schönen Sonnentag ließ uns Amman noch einmal in etwas anderem Licht sehen und wurde von einem großartigen Abendessen im Wild Jordan Center gekrönt. Am nächsten Tag ging unser Flieger bereit zurück nach Beirut…
Insgesamt war es ein wirklich spannender, abwechslungsreicher und schöner Urlaub. Kulinarisch haben wir uns für die nächsten Zeit sicher erst einmal an frischen Bäcker-Hefeteig- Teilchen und Nüssen satt gegessen und die Falafel bei Falafel-Barbar in Beirut, der Libanesische Ksara Wein und das Verhalten der Beiruter Männerwelt (zumindest in Hamra) können die jordanischen Pendants in unserem persönlichen Ranking eindeutig übertrumpfen. Die Ruhe, den Anblick und die Vielfalt der jordanischen Natur, die Beduinenkultur, die Atmosphäre im Bäckerladen, den Geruch von frischen Pitas und die Zurückhaltung der jordanischen Taxifahrer wird uns aber sicherlich sehr gut in Erinnerung bleiben.
Momentan genieße ich das letzte freie Wochenende bevor das nächste Semester anfängt. In Beirut ist gerade die totale Frühlingsstimmung ausgebrochen. Die Corniche (Promenade am Meer) ist voll von lächelnden Menschen, die Sonne schenkt uns angenehme 20°Grad und ich genieße meine neue Privatsphäre, die mir durch dem Umzug in ein Einzelzimmer von jetzt an gestattet wird. Natalia und ich haben uns zwar super verstanden und es gab keinerlei Probleme, aber zum Ende des letzten Semesters haben wir uns dann doch dazu entschieden, um ein weiteres Zimmer zu bitten, weil sich aufgrund verschiedener Tages- und Nachtrhythmen das Teilen eines Zimmers doch etwas schwierig gestaltet.
Ich schicke ein paar Sonnenstrahlen ins kalte Deutschland und hoffe, dass die Kältewelle auch bei Euch demnächst abebbt.
(Weitere Bilder können übrigens immer in den Alben am rechten Rand angeschaut werden)