اول ايام في بيروت (Die ersten Tage in Beirut)

Veröffentlicht auf von liviinbeirut

Das Leben an der NEST

Bereits in den ersten Augenblicken nach meiner Ankunft,  als der hiesige Hausmeister AbuElias mich auf mein Zimmer führte und ich meine ersten Arabischbrocken zur Anwendung brachte, erschien mir die NEST als eine Einrichtung, in der ich mich mit all meinen Erwartungen und Vorstellung durchaus wohlfühlen können würde. Äußerlich eher als „maison de beton“ zu charakterisieren, bietet das Interieur der NEST alles, was man für das alltägliche (Uni-)Leben benötigt: Die Zimmer für die Studenten (männliche und weibliche jeweils auf einem eigenen Stockwerk), einen Essenssaal, eine Cafeteria für die Vorbereitung und einen Balkon für den Vollzug des alltäglich Kaffeerituals, eine Lounge, eine große, gut ausgestattete Bibliothek, Unterrichtsräume, eine Kapelle, einen kleineren Andachtsraum, eine große Sporthalle im Keller und natürliche diverse Verwaltungsräume. Und das alles in einem Gebäude mitten in Hamra, einem wundervoll belebten, authentischen und spannenden Viertel. Mein Zimmer teile ich mir mit Natalia, die auch Teil der SIMO-Gruppe ist und mit der mich nicht nur die universitäre Herkunft aus Münster verbindet.

Mehr als zufrieden bin ich auch mit der bunten Mischung von Leuten, die mich hier sonst so umgeben. Da sind die überwiegend deutschen, aber auch aus der Schweiz und Dänemark stammenden SIMO-Studenten, die restlichen Studenten der NEST, meist aus dem Libanon selbst, aus Armenien oder Palästina, die gute Seele des Hauses Maruzella, die wir mit all unseren organisatorischen Problemen behelligen dürfen, der Dekan der Uni Dr. George Sabra, der sich um unser intellektuelles Wohl kümmert (z.B. indem er (Sprach-)Kurse auch außerhalb der NEST organisiert), die restlichen Professoren, mit denen wir allesamt einen sehr persönlichen und familiären Umgang pflegen und nicht zuletzt Sarah, AbuElias & seine Hausmeistercrew und die Bangladeshis aus der Küche die das Haus in Stand halten und uns dreimal am Tag mit den köstlichsten libanesischen Spezialitäten verwöhnen.

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Das Leben in Beirut

Beirut ist eine Stadt, in die man sich verlieben kann – so viel ist klar. Speziell unser Viertel gefällt mir unheimlich. Die Corniche (Strandpromenande), die zu Spaziergängen und Joggingtouren am Meer einlädt, die vielen kleinen Kaffees und Bars gefüllt mit Studenten aus aller Welt, die entweder an der American University AUB, der Haigazian University oder sonstigen Unis um uns herum lernen, viele kleine Akschak (Kiosk), aber auch große Supermärkte, Trödelläden und die große Rue Hamra, eine Einkaufsstraße mit vielen auch uns bekannten Läden (H&M, Vero Moda etc.) befinden sich in unmittelbarem Umkreis zur NEST. Etwas ausgedehntere Spaziergänge haben uns bereits nach Downtown Beirut zum Place de Toile, einem fast surreal, ausgestorben und unheimlich touristisch wirkenden Platz in unmittelbarer Nähe zur großen Mohammed al-Amin Moschee geführt, sodann auch zum Einkaufszentrum Beirut Souks und zum Hafen von Beirut. Das vielseits als tolles Ausgehviertel gepriesene Gemmayzeh haben wir bisher nur aufgesucht, um uns die dortige Arabischsprachschule anzusehen.

Ein Strandtag in Beirut selbst ließ sich bis jetzt nur schwer verwirklichen, da die Strände in unmittelbarer Nähe entweder zur AUB bzw. den Hotels an der Seaside gehören oder aber den muslimischen Männern vorbehalten sind und einer Frau in Badekleidung eher unbehaglich erscheinen. Aus diesem Grunde stand in der ersten Woche auch schon ein Ausflug an einen öffentlichen Strand außerhalb Beiruts, irgendwo zwischen Joounieh und Biblos, auf unserem Plan. Jiro, einer der ortansässigen Studenten der NEST, erweist sich bei all diesen Unternehmungen immer wieder als guter Guide, sodass sich unsere Erkundungen in Beirut und um Beirut herum nicht ganz so orientierungslos gestalten.

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Das universitäre Leben

Die regulären Kurse haben bereits am Montag begonnen. Für alle SIMO-Studenten ist zunächst die Teilnahme an dem Kurs „Contemporary Eastern Churches“ und ein Kurs in Islamwissenschaften verpflichtend (Ich habe mich hier für „Introduction to Islamic Law, Theology and Mysticism“ entschieden). Die Anforderungen der Kurse übersteigen - zumindest was den Arbeitsaufwand angeht - durchaus den deutschen Durchschnitt und so ist man bereits mit zwei Kursen einigermaßen beschäftigt. Darüber hinaus werde ich noch 2-3 Kurse als Auditor besuchen („The Parables of Jesus“, „The doctrine of God“, „Film an Theology“) d.h. zwar den wöchentlichen Leseaufgaben nachkommen, um in den Seminaren mitarbeiten zu können, am Ende des Semesters aber keine Papers und Exams schreiben. Die Qualität der Kurse ist wirklich durchaus zufriedenstellend. Außer bei „The Doctrine of God“, welcher Kurs vom Niveau bisher eher einer sehr basalen Einführung in die systematische Theologie gleicht, habe ich in allen Kursen das Gefühl, etwas dazu lernen zu können. Die Kurse umfassen jeweils 2 ½ Stunden reine Kontaktzeit, manchmal auf zwei wöchentliche Termine verteilt, manchmal am Stück. Zusätzlich habe ich mich dazu entschieden, einen Arabischkurs zunächst im gesprochenen, libanesischen Arabisch und später im klassischen Arabisch an einer Sprachschule in Gemmayzeh zu absolvieren, u. A. auch um einmal aus der NEST rauszukommen und gegebenenfalls andere Menschen außerhalb unserer vier Wände kennenzulernen. Insgesamt liegt der Schwerpunkt meines Aufenthalts in Beirut darauf, Arabisch zu lernen und zu entdecken, wie Theologie hier im Nahen Osten sowohl im wissenschaftlichen Bereich, als auch im praktischen und spirituellen Sinne „funktioniert“.

 

Erste Eindrücke

Grundsätzlich kann ich guten Mutes konstatieren, dass es in jedem Fall die richtige Entscheidung war, das Studienjahr an der Near Eastern School of Theology anzutreten. Ich bin sehr zufrieden und glücklich und mir fiele auf Anhieb nichts ein, das diese Zufriedenheit trüben könnte.

Das Stadtbild ist insofern spannend, als es - wie es auch in den vielen Reiseführern beschrieben wird - eine große, vielfältige und diverse Bevölkerungsspanne repräsentiert und die großen Unterschiede und Paradoxa deutlich zu Tage treten. So stehen immer noch zerbombte, ruinengleiche Häuser neben prächtig ausgebauten Stadtdomizilen, dicke Maserartis neben zerbeulten Rostlauben, große Shoppingmalls/Einkaufsläden neben kleinen Obst-/Gemüse-/„Ramsch“-läden. Es leben Studenten und Berufstätige aus aller Welt neben einheimischen Libanesen. Und nicht nur das: Auch Menschen verschiedenster Religionszugehörigkeiten leben nebeneinander, aneinander vorbei oder im besten Falle auch miteinander und das in einer Stadt, deren Spannbreite nur 3km misst.

Viele abendliche Ausflüge haben mir deutlich gemacht, dass ich mich auch als blondes, deutsches Mädchen sehr sicher und wohl fühlen kann und ein entspanntes, aber spannendes Leben hier absolut möglich ist. Bei diversen Salsa-, Tanz- oder Nargilehabenden lässt es sich auf schönste Art- und Weise vom Unialltag abschalten. Entspannung, vor allem vom schier unbeschreiblichen Baulärm, kann man tagsüber auch gut auf dem Campus der AUB finden.

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Insgesamt bemerke ich, dass ich abends doch immer recht erschöpft und müde bin. Dafür lassen sich denke ich verschiedene Gründe anführen:

  1. Der Lärm und der Smog der Stadt übertreffen bei weitem meine Erwartungen und wirken sich stark auf meine Aufnahme- und Konzentratuinsfähigkeit aus. Schlafen ist nur mit Ohropax möglich. Es wäre wahrscheinlich um einiges angenehmer, wenn man zeitweise auch mal den Rufen des Muezzins von den umliegenden Minaretten lauschen könnte.
  2. Die vielen neuen Eindrücke müssen erst einmal ihre Verarbeitung finden.
  3. Wenn auch nicht beim Zuhören, so verlangt mir die Kommunikation in Englisch beim Sprechen doch noch einiges an Konzentration ab.  

 

Alles in allem lässt sich aber sagen:  انا سعيدة في بيروت   (Ana saida fi Beirut = Ich bin glücklich in Beirut)

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